Wettbewerb: Tiroler Straße Nürnberg

Nichtoffener Realisierungswettbewerb
Wettbewerb: Tiroler Straße Nürnberg

Leitidee
Prägnanter neuer Bildungscampus für die Rummelberger Anstalten, mit aktivierender Stadtraumbildung im Osten und Süden, Integration der Bestands-Kita im Westen und vielfältigen Entwicklungsmöglichkeiten im Norden.
Der vorgeschlagene Gebäudetypus des Atriumhauses ermöglicht beschütztes Leben nach Innen bei gleichzeitigem Gestaltungsspielraum nach Außen und kann mit „Behütete Freiheit“ umschrieben werden.

Städtebau
Das Planungsgebiet erhält drei Nord-Süd-gerichtete Baufeldstreifen, die eine etappenweise Realisierung zulassen, die Anbindung an die zukünftige Entwicklung im Norden ermöglichen und stadtklimatisch wirkungsvoll ist.
Vom zukünftigen Entwicklungsimpuls der Stadtbahntrasse im Osten aus („öffentlichster Ort“) staffelt sich die Bebauung nach Westen mit zunehmender Privatheit. Im Bereich der neuen Haltestellen wird mit der Fachakademie das „öffentlichste“ Gebäude des Campus platziert. Von dort nach Westen schließt sich zunächst das Baufeld der Muschelschule und der Förderstelle an, weiter im Westen dann die Wohngruppen und der Kitastandort, der eine Verknüpfung mit der Bestands-Kita ermöglicht.
Der Höhensprung innerhalb des Gebietes wird in eine gleichmäßige ca. 2%ige Neigung nach Osten übersetzt und schafft so „weiche“ und generell barrierefreie Verbindungen zwischen den verschiedenen Nutzungen.

Bebauung
Die Gebäude bilden eine Gebäudefamilie, aus verschiedenen Innenhoftypologien, die zum einen dem hohen Schutzbedürfnis eines teils der Nutzer gerecht wird, zum anderen trotz hoher Baudichte Privatheit im Inneren und vielfältige halböffentliche und öffentliche Freibereiche im Außenraum ermöglicht.
Als Architektursprache wurden individuelle und plastisch geformte Baukörper in nachhaltiger Ziegelbauweise mit vorgesetzter Klinkerfassade gewählt, die neben zudem hervorragende bauklimatische Eigenschaften besitzt. Die Aussenfassaden erzeugen durch ihre Materialität und Formsprache ein kollektives Erscheinungsbild, lassen es aber zu, dass durch subtile Varianz der Klinkermischungen und nutzerspezifische Fassadenöffnungen die unterschiedlichen Gebäude individuell erlebbar und erkennbar werden.
Das Spiel der Dachlandschaft schreibt die Plastizität der Baukörper fort und bietet die Möglichkeit die notwendigen Technikflächen unterzubringen.

Die Fachakademie bildet den dominanten baulichen Auftakt am neuen Haltestellenbereich der Stadtbahn. Die Lehrräume sind um ein dreigeschossiges Atrium angeordnet, das vielfältige Begegnungen provoziert und die Einrichtung für alle Nutzer stets als Einheit erlebbar macht. Im Erdgeschoss wird neben der Bibliothek auch ein Lesecafe vorgeschlagen, das eine Verknüpfung zum Quartiersumfeld herstellen kann.
Das Gebäude der Muschelschule ist dem Namen folgend als schützende Hülle konzipiert, die im Erdgeschoss alle Allgemeinen - und Gemeinschaftsräume aufnimmt, im Obergeschoss zwei klar überschaubare Raumgruppen bildet, die jeweils um einen lichten Innenhof gruppiert sind. Die Schüler sind so nicht den Einblicken der Öffentlichkeit ausgesetzt und auf sich selbst konzentriert. Sie können so das Maß äußerer Einflüsse, denen sie sich aussetzen wollen, stets selbst definieren.
Der Bewegungsraum im EG kann dem Mensabereich zugeschaltet werden. Der Mensabereich öffnet sich zu einem Frei- und Spielbereich, der gemeinsam von Schule und Förderstelle genutzt werden kann.
Die zwei unterschiedlichen Wohngruppen sind in benachbarten Gebäuden im „privatesten“ Teil des Baugebietes situiert.
Die KITA wird neben der Bestandseinrichtung angeordnet und mit ihrem Freibereich so orientiert, dass Kooperation zwischen beiden ermöglicht wird.

Verkehr/ Erschließung
Der dauerhaft von der Münchner Straße abgetrennte Teil der Ingolstädter Straße wird in einen verkehrsberuhigten Bereich umgestaltet, der die Fahrerschließung des Baugebietes gewährleistet und am Schnittpunkt mit der Stadtbahntrasse eine Buswendeschleife mit Haltestelle erhält. Von hier aus sind die Fachakademie und die Muschelschule auf kürzestem Weg zu erreichen.
Der umgestaltete Straßenraum bietet genügend Platz alle 25 geforderten oberirdischen Stellplätze auf ressourcensparende Weise unterzubringen. Die 48 Garagenstellplätze sind im ersten Bauabschnitt in einer Tiefgarage unter der Fachakademie untergebracht.
Das Baufeld wird von einer Klammer aus Fuß-Radwegen umgeben, die in Nord-Südrichtung und Ost-West-Richtung das Gebiet mit dem Quartier und der nördlichen Erweiterungsfläche verbinden.
In Nord-Süd-Richtung wird ein fußläufiger „Erschließungsanger“ vorgeschlagen, der Aufenthaltsbereich, autofreier Zugang zu Muschelschule, Förderstelle und Wohnen ist und als Zufahrt für Rettungsfahrzeuge dienen kann.

Freiraum
Das komplexe Bauprogramm erfordert ein intensiv genutztes, dabei aber sozialräumlich stark differenziertes Freiraumsystem. Der Entwurf bietet aufgrund seiner Gebäude- und Freiraumtypologie ein dreiteiliges Angebot unterschiedlicher Freiräume:

  • Gebäudebezogen erhält jede Nutzungseinheit einen introvertierten, gemeinschaftlich nutzbaren Innenhof/Dachterrasse/Binnengarten;
  • In den Bebauungszeilen befinden sich zwischen den Nutzungseinheiten gemeinschaftlich nutzbare Spiel- und Freibereiche, so zwischen Muschelschule und Förderstelle, zwischen den Wohngruppen und zwischen den Kindertagesstätten;
  • Zwischen Fachakademie und Muschelschule/Förderstelle erstreckt sich ein intensiv begrünter Freiraumstreifen, der als raumgliederndes Element zwischen den unterschiedlichen Nutzungen fungiert und zugleich einzelne Freiraumbedarfe der Anlieger aufnimmt;
  • der Erschließungsanger im Westen bietet Aufenthaltsflächen und Raum für Kontakt zwischen den Nutzern/Bewohnern und wird bei einer Bebauung der nördlich angrenzenden Stadtfläche zugleich als wichtige öffentliche Verbindung gesehen.